Arrival – Filmkritik

Denis Villeneuve gehört zu den wenigen Regisseuren, denen ich blind vertraue. Das bedeutet, dass ich mich in seine kreativen Hände lege und mich mitnehmen lasse in fremde, oft unbequeme Welten. Ohne Einschränkungen. Ich lasse meinen zynischen Blick und meine Besserwisserei an der Kinokassa zurück.

Wie hat er sich diese „Ehre“ verdient? Mit seinen letzten drei Filmen: Enemy, Prisoners und Sicario. Und wenn ich etwas nicht gleich verstehe, dann vertraue ich darauf, dass das die Absicht des Regisseurs ist.
Villeneuve ordnet bei seinen Filmen alles den, hinter fein komponierten Bildern und mitreißenden Scores versteckten, Themen und Motiven unter. Licht, Ton, Schnitt, Ausstattung, Farbkonzepte,… alles dient der dahinterliegenden Aussage des Films.

Bei „Arrival“ trifft das wieder zu. Nur merkt man es erst, wenn man den Kinosaal wieder verlassen hat. Der Erzählbogen findet sich zum Beispiel im Design gewisser Requisiten wieder. Die Inszenierung spiegelt die Motive des Films wider. Eines dieser Motive ist Kommunikation. Wie sprechen wir miteinander? Warum gibt es Misskommunikation? Wieviel nimmt man an, wieviel weiß man, wieviel Aufmerksamkeit benötigt die jeweilige Situation? Und alles repräsentiert unser unvollkommenes Dasein. Das Aufeinandertreffen der Linguistin (Amy Adams) und des Mathematikers (Jeremy Renner) zeigt in stillen Bildern und reduziertem Dialog unseren ewigen Kampf zwischen Intellekt und Emotion.

Über den Film zu sprechen birgt aber auch die Gefahr etwas zu verraten, beziehungsweise das Seherlebnis einzuschränken. Zu sehr ist alles miteinander verwoben. Zu genau alles inszeniert. Das mittlere Drittel des Films gibt sich wie ein traditionell erzählter Sci-Fi Film, aber beim zweiten Sehen offenbaren sich genial eingeflochtenen Details, die man beim ersten Mal zwar wahrgenommen, aber noch nicht richtig verarbeitet konnte.

„Arrival“ entwickelt sich langsam aus sich heraus und erzählt sich im Kreis. Fast wie ein cineastischer Loop. Nur sind in dem Kreis Botschaften eingearbeitet. Man muss erst die Sprache des Films lernen, um diese entschlüsseln zu können.
Und das ist gleichzeitig die Story des Films. Amy Adams wird mit kreisförmigen Symbolen konfrontiert und wir lernen mit ihr die Sprache fremder Wesen und gleichzeitig die Dramaturgie des Films kennen. Hört sich anstrengend an, entfaltet sich aber organisch und unaufgeregt.

Villeneuve schafft damit den seltenen Geniestreich, dass die Handlung auch das Thema und gleichzeitig die Struktur des Films ist. „Arrival“ ist „Arrival“ ist „Arrival“. Und am Ende haben wir emotional und intellektuell etwas dazugelernt.

Lasst euch das nicht entgehen! Selten darf ein begnadeter Filmemacher mit so hohem Budget einen so außergewöhnlichen Film machen. Und noch seltener nehmen unser Bauch und unser Hirn etwas aus dem Kinosaal mit. Dieses Erlebnis lässt die Vorfreude auf seinen nächsten Film unermesslich wachsen: Blade Runner 2049. Hoffentlich reden nicht zu viele Produzenten mit, weil Denis Villeneuve kann man weiterhin blind vertrauen.

Bewertung:
5 von 5 Filmrollen

 

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Arrival
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