Christopher Nolan könnte sich entspannen. Nach der Batman-Trilogie und den beiden Krachern „Inception“ und „Interstellar“ könnte er einen langen Urlaub nehmen. Oder weiterhin Blockbuster mit Hirn herstellen.
Stattdessen inszeniert er mit „Dunkirk“ die Geschehnisse rund um die Einkesselung britischer und französischer Soldaten in Dünkirchen im Jahr 1940.
Bis in die kleinsten Nebenrollen wurden Schauspieler besetzt, die nicht nur ihr Handwerk verstehen, sondern auch typengerecht ihre Rolle verkörpern. Keine Sekunde zweifelt man an ihren Ängsten, Hoffnungen und der Kriegsmüdigkeit, die über die fast 400.000 Soldaten gekommen war.
Anhand von drei Schicksalen sehen wir wie der Einzelne den Kriegswirren ausgeliefert ist. Weit weg von Heldentaten und Selbstlosigkeit entscheidet sich im Sekundentakt die Zukunft. Ein paar Momente zu spät, ein paar Meter zu weit links, oder die falsche Tür geöffnet und man verliert sein Leben. Welcher Moment, welcher Meter, oder welche Tür die richtige wäre, weiß man aber nicht. Und in dieser Dauerspannung existiert man dahin.
Survival is victory
heißt die Tagline. Und dank Hans Zimmer und dem Kameramann Hoyte van Hoytema (Interstellar, Her, …) ist man von der ersten bis zur letzten Sekunde verkrampft. Selten sitzt man so gebannt im Kino. Selten vergisst man so sehr seine Umgebung.
Lasst euch diese kurze Geschichtsstunde nicht entgehen! Ihr werdet lange nicht mehr so einen mitreißenden und unkonventionell erzählten Film im Kino sehen. Weit weg von den Drehbuchrezepten aus Hollywood manövriert Christopher Nolan seine Akteure durch dieses Meisterwerk und zeigt uns wie absurd Krieg sein kann. Und das ohne herkömmliche Verfolgungsjagden, Explosionsorgien und vor Pathos triefenden One-Linern.
Wenn Mark Rylance sagt: „There’s no hiding from this, son.“ beziehe ich das auf den Film selbst und bin froh, dass endlich wieder Qualität groß beworben wird.
Dieser Film tut weh und man möchte nach einer Stunde nicht mehr in diesen vertrackten Situationen sein. Nach dem Kinobesuch ist man noch lange von dem Gesehenen aufgeladen und muss sich erst selbst wieder zu Recht finden. Im besten Fall tauscht man sich über das Gesehene aus.
Endlich wieder ein echter Kinofilm! Endlich wieder Bild über Wort. Inhalt über Effekt.
Quality is victory