Sicario – Filmkritik

Denis Villeneuves „Prisoners“ war seit langem ein spannender Thriller mit interessanten Charakteren. „Sicario“ ist da in jeglicher Hinsicht anders: das einzig wirklich Schockierende sind eigentlich die durchwegs positiven Kritiken…

Als Kate Macer (Emily Blunt) in einem Haus voller eingemauerter Leichen steht, wird ihr und ihren Kollegen etwas schlecht. Eigentlich rechneten sie mit einem Haufen an Drogen, nicht mit einem Haufen an Leichen. Als kurz darauf zwei Kollegen getötet werden, will Kate Rache und den dranbekommen, der für den Tod ihrer Kollegen verantwortlich ist. Wie es an der Grenze zwischen Amerika und Mexiko so üblich ist, handelt es sich um ein Drogenkartell, also geht es scheinbar darum, den Oberkartellboss zu erwischen. So recht weiß sie aber nicht, was sie genau bei der Mission machen soll. „Watch and learn“ sagt Missions-Beteiligter Matt Graver (Josh Brolin) zu ihr. Aha. Ok. Also fliegt sie mit Matt und Alejandro (Benicio Del Toro) Richtung Mexiko, um den Gangster Guillermo in die USA zu bringen und ihn zu verhören bzw. zu foltern. Die Grenzen zwischen Nationalität und Recht verschwinden zeitgleich, niemand scheint das Gesetz so richtig ernst zu nehmen, es hat im Niemandsland zwischen Amerika und Mexiko auch nicht viel Platz. Auch das muss Kate noch lernen. Kate folgt eigentlich ständig der Geheimtruppe, ohne so richtig ihren Platz darin zu haben, bis sie sogar selbst zur Beute wird…

Das Problem bei „Sicario“ ist: so gut wie es anfängt geht es nicht weiter. Der Beginn ist noch ganz spannend, auch wenn man überhaupt keine Hintergrundinfos zu den Charakteren bekommt. Das ist für mich auch ein zentrales Problem: die Charaktere sind einem total egal. Der Hauptcharakter soll Kate sein, die jedoch kein einziges Mal die Handlung vorantreibt, sondern immer nur irritiert durch die Gegend schaut. Gegen Ende ist mir ihr Charakter schon ziemlich auf die Neven gegangen. Der angeblich „undurchsichtige“ Charakter von Benicio Del Toro war auch nicht so wirklich undurchsichtig, es war für mich nach ein paar Dialogen klar, warum er hier dabei ist und was er für eine dramatische Vergangenheit haben muss. Josh Brolins Charakter ist an einen Cowboy angelehnt. Er ist schon sehr lange dabei, hat somit viel gesehen und versucht trotzdem noch eine Art von Humor zu behalten. Es soll als Gegenpol zu Alejandro wirken. Die Vorhersehbarkeit ist allgemein ein großes Problem: kaum taucht ein Charakter auf, weiß man, wie es weitergehen wird. Eine vollkommen unnötige Nebenhandlung eines mexikanischen Polizisten (gespielt von Maximiliano Hernandesz) stört den eh schon zachen Erzählfluss (und ja: ich weiß, der Charakter kommt am Ende wieder vor aber das ist doch jetzt nicht wirklich eine große Überraschung, oder?).

Das Drehbuch von Taylor Sheridan ist nicht wirklich gelungen, die Kameraführung von Roger Deakins und der Score von Jóhann Jóhannsson sind dagegen top. Villeneuve liebt Charaktere, die weder gut noch böse sind, die im Handlungsverlauf moralische Grenzen vollkommen vergessen. Sie sind meistens Durchschnitt, doch mit der Zeit bröckelt die Fassade. In anderen Filmen ist ihm das sehr gut gelungen, in „Sicario“ bleiben die Charaktere sehr eintönig.

Viele werden sich wohl fragen, ob ich einen anderen Film gesehen habe. Aber leider, leider: ich habe den gleichen gesehen, nur bin ich vor Langweile fast eingeschlafen. Ich konnte der Story zwar folgen, aber sie hat mich einfach nicht gepackt. Doch endlich konnte ich mit Freunden nach dem Film diskutieren, denn von immerhin 5 Leuten fanden 2 den Film großartig…

„Sicario“ ist kein schlechter Film, nur ein vorhersehbar langweiliger…

Bewertung:
2 von 5 Filmrollen