Für jede Krankheit gibt es mittlerweile irgendwelche Pillen. Schlucken und betäuben scheint die Devise zu sein, zumindest in den USA. Dort sind Antidepressiva die am meisten verkauften Medikamente. Steven Soderberghs angeblich letzter Kinofilm ist ein Seitenhieb auf diesen übermäßigen Pillenkonsum.
In „Side Effects“ steht zu Beginn Emily Taylor (Rooney Mara) im Mittelpunkt. Ihr Ehemann Martin (Channing Tatum) wird nach vier Jahren Haft entlassen, die er wegen Insiderhandels verbüßen musste. Sein Gefängnisaufenthalt war das Ende des luxuriösen Lebens, das das junge Paar davor geführt hat. Dennoch hat Emily auf ihn gewartet, denn Liebe überwindet ja bekanntlich jedes Hindernis. Wieder vereint scheint einem Neubeginn nichts im Weg zu stehen. Bis Emily mit ihrem Wagen absichtlich gegen eine Mauer fährt. Diagnose: schwere Depression und Selbstmordgefahr. Emily überzeugt den Psychiater Jonathan Banks (Jude Law), sie nicht einzuweisen und beginnt eine Therapie bei ihm.
Beliebig werden Antidepressiva verschrieben, die keine Wirkung zeigen. Dr. Banks konsultiert sogar Emilys ehemalige Therapeutin Victoria Siebert (Catherine Zeta-Jones), die ihm von dem neuen Medikament Ablixa vorschwärmt. Wobei die Schwärmerei nicht von ungefähr kommt, denn Victoria hat einen Vertrag mit dem Hersteller. Emily jedenfalls scheinen die Pillen zu bekommen. Ihre Stimmung bessert sich, Martin darf sich endlich wieder über leidenschaftlichen Sex freuen.
Allerdings taucht eine Nebenwirkung auf: Schlafwandeln. Mit leerem Blick bereitet Emily mitten in der Nacht Frühstück zu und dreht schließlich völlig durch. Was genau passiert sei hier nicht verraten, die Konsequenzen muss jedenfalls – vorerst – Jonathan Banks tragen.
Inszeniert ein Regisseur einen Thriller, wird gerne ein Vergleich mit Alfred Hitchcock gezogen. In „Side Effects“ spielt Steven Soderbergh mit Referenzen an den Altmeister. Gleich die Eingangssequenz, ein Schwenk über eine Häuserfront, erinnert an jene in „Psycho“. Und die scheinbare Todessehnsucht von Emily Taylor ähnelt derer von Kim Novak in „Vertigo“.
Trotzdem ist „Side Effects“ ein typischer Soderbergh-Film: schöne Bilder, saubere Inszenierung, gute Darsteller, eine Prise Humor, aber kein nennenswerter Tiefgang. Unterhaltsam durchaus, aber wer letztes Jahr Soderberghs „Haywire“ gesehen hat, könnte sich langweilen. Denn abgesehen vom Setting ähneln sich die Plots. In beiden Filmen wird eine Person Opfer einer Intrige und dreht den Spieß schließlich um. In „Haywire“ mit Fäusten, in „Side Effects“ mit psychologischen Tricks.
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